Leonard Bernstein / Ouvertüre zu „Candide“

Leonard Bernstein, Komponist, Dirigent, Pianist und Pädagoge, wurde 1918 in einem Vorort von Boston, Massachusetts, USA, geboren. Sein Vater war ein ukrainisch-jüdischer Einwanderer der zweiten Generation und seine Eltern nahmen ihn mit in die Synagoge, wo er sich von der Orgel und der Chormusik faszinierte. Von dem Moment an, als er im Alter von zehn Jahren mit einem alten Klavier in Berührung kam, welches er auf dem Dachboden fand, wurde die Musik für den bis dahin unmotivierten Jungen zu einer Lebenseinstellung. Er erinnert sich an diese Begegnung, als sei er “wie vom Blitz getroffen”.

Bald beschloss Bernstein, Berufsmusiker zu werden, und schlug gegen den entschiedenen Widerstand seines Vaters die musikalische Laufbahn ein. Vom New England Conservatory of Music ging er an die Harvard University und das Curtis Institute of Music, wo er Komposition bei Walter Piston und Randall Thompson sowie Dirigieren bei Fritz Reiner und Sergei Koussevitzky studierte.

Sein anschließender Erfolg als Dirigent versteht sich von selbst, aber auch als Komponist schuf er einige beliebte Werke. Neben Candide schrieb er Musicals wie West Side Story (1957) und On the Town (1944), drei Sinfonien, Orchesterwerke, darunter das Divertimento für Orchester. Auch Ballettmusik, Opern, die Chichester Psalms (1965) für Chor und die Messe gehören zu seinen Werken, womit er ein breites Spektrum abdeckt.

In den 1950er Jahren war er mit den Uraufführungen von Wonderful Town im Jahr 1953 und West Side Story im Jahr 1957 besonders in der Welt der Musicals aktiv. Koussevitzky warf ihm vor, “sein Talent zu vergeuden”, wenn er seine Energie auf das Komponieren von Musicals verwende. Das hielt Bernstein jedoch nicht auf. Er sagte: „Aber, jemand musste am Broadway etwas für die amerikanische Musik tun“.

Candide ist ein Broadway-Musical, das am 1. Dezember 1956 uraufgeführt wurde. Es basiert auf dem satirischen Roman “Candide oder der Optimismus” des französischen Dichters und Philosophen Voltaire aus dem 18. Jahrhundert. Candide bedeutet ‘unschuldig’ oder ‘Kerl’. Der Roman wird als höchst ideologisch charakterisiert, eine beißende Satire auf den Optimismus der Mitte des 18. Jahrhunderts, der besagt, dass Gott mit dem Kosmos nichts Geringeres als eben die beste unter allen möglichen Welten hervorbringen konnte.

Aufgrund dieses “anspruchsvollen Inhalts” wurde die Broadway-Produktion nach nur 73 Aufführungen eingestellt. Das Textbuch von Candide wurde von Lillian Hellman zur Zeit der “Roten Angst” von Senator McCarthy und anderen geschrieben, in deren Verlauf auch Hellman beschuldigt wurde, Kommunistin zu sein. Das Werk kam inmitten dieser Schwierigkeiten heraus.

Die knappe Zusammenfassung der Geschichte sieht folgend aus: In einem westfälischen Schloss im ländlichen Deutschland lebt ein junger Mann namens Candide, der Neffe des Schlossherrn. Candide wurde zum Optimismus erzogen und ist gutmütig und naiv. Er verspricht, Kunigunde, die Tochter eines Adligen, zu heiraten, aber das wird ihm nicht erlaubt und er wird aus dem Schloss geworfen. Von dort aus entfaltet sich eine turbulente Geschichte rund um die Welt, von Europa bis nach Südamerika. Durch seine Missgeschicke in der Armee, Kriege, Desertionen, Schiffsuntergänge und Erdbeben erkennt Candide, dass Optimismus ein Irrtum ist und dass das Leben nicht nur mit Glück, sondern auch mit Entbehrungen gelebt werden sollte, und macht Kunigunde einen Heiratsantrag, als sie sich wiedersehen.

 

Die Ouvertüre, die der Aufführung von Candide vorausgeht, ist ein mitreißendes, dynamisches Stück, das die Erwartungen an den Beginn des Stücks steigert. Es handelt sich um ein lebhaftes Stück, das einen perfekten Auftakt bildet und mit einem Schwung von Blechbläser-Fanfaren und dem kraftvollen Klang der Pauken beginnt. Der schnelle 2/2-Takt steht in der glorreichen Tonart Es-Dur. Die Melodie von Candides und Kunigundes Duett “Oh, happy we!” wird im gesamten Stück wiederholt. In der zweiten Hälfte wird die Melodie von Kunigunde’s Arie “Glitter and Be Gay” gespielt. Das Tempo verlangsamt sich nicht ein einziges Mal, sondern beschleunigt sich zum Schluss weiter, und die Aufführung ist im Nu vorbei.